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Dorf­geschichte

Vor über 700 Jahren wurde Monstein das erste Mal in einem Freiheitsbrief erwähnt. Seither ist einiges geschehen, und bis heute ist das Walserdorf ein Schmuckstück in der Landschaft Davos.

Die Walser besiedeln Monstein

Vor dem 13. Jahrhundert war die Landschaft Davos nur spärlich von den umliegenden, in tieferen Lagen wohnenden Romanen genutzt worden. Dann aber wurde sie von den adeligen Eigentümern, die in wirtschaftlich (und klimatisch!) schwierigen Zeiten mehr Einkommen brauchten, an eine grössere Gruppe von Walsern vergeben. Diese stammten – das konnte die moderne Dialektologie zweifelsfrei nachweisen – aus der Gegend unterhalb Brig im Oberwallis, vor allem wohl aus dem Matter- und Saastal. Der Überlieferung nach kamen zwölf Familien nach Davos, eine davon gründete ihren Hof in Monstein. Auch die vielen Spiicherli, zwecks Abwehr der Mäuse auf raffinierte Stelzen gestellt, zeugen unmissverständlich von der Walliser Herkunft.

Jahrhundertelang lebten die Walser bescheiden, aber stabil und politisch weitgehend unabhängig von ihrer Vieh-, Milch- und Waldwirtschaft sowie (an den sonnigsten Steilhängen, weil da der Schnee am schnellsten schmolz) ein wenig Ackerbau. Je nach Weltlage kamen Säumerarbeit, Bergbau und Söldnerdienste dazu. Eine Kirche erhielt Monstein erst 1668, ein Pfarrhaus 1718. Vorher mussten die Monsteiner den vor allem im Winter beschwerlichen – und oft gefährlichen – Weg nach Glaris zum Gottesdienst unter die Füsse nehmen. Lawinen, Rüfen und Feuer waren die ärgsten Feinde. Sie sind auch heute noch nicht ganz gezähmt.

Mit Bauholz zu Wohlstand

Die Neuzeit begann in Monstein in den 1880er Jahren, nachdem Davos Platz und Dorf zum Kur- und Touristenort geworden war. Monstein wurde vor allem dank Bauholz aus seinen riesigen Wäldern rasch wohlhabend, konnte sich – mit mehr oder weniger starker Unterstützung durch die Landschaft – 1890 eine neue Wasserversorgung mit vielen Dorfbrunnen (es sind heute noch zehn!), dann in rascher Folge eine Fahrstrasse nach Glaris (1892), eine grosse neue Kirche (1897), ein stattliches Schulhaus (1901), eine für damals topmoderne Sennerei (1902) und eine Fahrstrasse zum neuen Bahnhof Monstein im Schmelzboden (1909) leisten. Auch die Wege an die Alpen wurden damals zu Fahrsträsschen ausgebaut (1909). Die Stromversorgung kam schon 1914 in alle Häuser. Auch die erste und bisher einzige Pension, das Kurhaus Monstein (heute: Hotel Restaurant Ducan), wurde in jenen Boomjahren eröffnet (1896/97), das Restaurant Veltlinerstübli sogar schon etwas früher (1889). Im Sommer weideten die Bauern mit ihren Familien an den Alpen ihr Vieh, mähten die Mäder und brachten das Heu unter Dach (es wurde dann im Winter mit dem Schlitten heruntergeholt). In diesen Sommermonaten wurden im Dorf schon bald auch in Wohnhäusern Feriengäste willkommen geheissen.

Monstein um 1900

Depression und Aufschwung

Das 20. Jahrhundert war geprägt durch die beiden Weltkriege, die Depression in den 30er Jahren, die manch einen Betrieb in den Konkurs trieb, dann aber vor allem durch den lange anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung. Dies brachte viele Umwälzungen, positive oder negative, je nach Blickwinkel, alle aber unvermeidlich. Die Sennerei musste aufgegeben werden (1957), die Zahl der Bauernbetriebe ging kontinuierlich zurück, dafür wurde der Tourismus immer wichtiger, und vor kurzem (2017) musste die Fraktion Monstein den Unterhalt der Wege, die Wasserversorgung und die Waldwirtschaft in die Verantwortung der Gesamtgemeinde übergeben. Die Fraktion besteht als Körperschaft aber weiter.

Monstein heute

Der Lebensstandard und die Infrastruktur im privaten und im öffentlichen Bereich stand in Monstein hinter der gesamtschweizerischen Entwicklung nicht zurück. Neues Gewerbe hat sich angesiedelt, besonders prominent 2001 die Brauerei. Viele Einwohner arbeiten zwar in Davos Platz oder Dorf, möchten aber nirgendwo anders wohnen als in Monstein. Bisher haben auch die Schule und der Dorfladen sowie die Kirchgemeinde mit viel Phantasie und einiger Anstrengung erhalten werden können. Die Monsteiner Bevölkerung weiss, wie wichtig diese sind für die Zukunft ihres Dorfes, und auch der 1999 gegründete Verein pro Monstein bemüht sich, das Dorf in jeder Hinsicht tatkräftig zu unterstützen.

Der Name «Monstein»

Immer wieder wird gefragt, was denn Monstein ursprünglich bedeutet hat. Dies ist nicht abschliessend geklärt. Die Tatsache, dass die zweite Silbe betont wird, also Monstéin, nicht Mónstein (leider hört man es häufig falsch), weist darauf hin, dass sich ein ursprünglich romanischer Talname dahinter versteckt, wie Sertíg, Dischmá und auch Davós selber, ferner Clavadél, Filisúr, Bergün und viele andere Ortsnamen in der Gegend.

Auf den Romanisten Andrea Schorta geht die Theorie zurück, der Name könnte von lat. monastérium ‘Kloster’ stammen (wie Müstair, Mustér). Dies ist aber ganz unglaubhaft, erstens gab es in Monstein – anders als in Müstair, Mustér und Klosters – nie ein Kloster, und zweitens müsste das r des romanischen Wortes auch bei den Walsern erhalten sein. Solche r sind nie abgefallen (vgl. Muoter, Bruoder usw.).

Wahrscheinlicher ist die Theorie, dass hinten das Wort tein ‘Wiese’ steckt: Der romanische Name der Nachbargemeinde Wiesen ist Tein, und der Altein hiess wohl einmal Alp Tein. Und vorne vielleicht munt ‘Berg’? Eine Bedeutung ‘Bergwiese’ wäre jedenfalls passender als ‘Kloster’. In diesem Fall müsste Monstein aber schon von Romanen teilweise gerodet worden sein. Dies würde zum ursprünglich romanischen Flurnamen Afferäid oberhalb des Mäschenbodens (s. Bulletin 20, S. 60ff.) gut passen.

Lesestoff

Folgende Publikationen legen wir Ihnen gerne ans Herz, Sie erhalten sie im Buchhandel und im Dorfladen:

Gschichtä für d Enekli
von Lisa und Christian Meisser, herausgegeben von Thomas Gadmer, Davos (Walservereinigung Graubünden) 2019
Monstein entdecken (Dorfführer)
von Annina Michel, Monstein (pro Monstein) 2019, ISBN 978-3-9525142-1-4
Monsteiner Geschichten und Zeichnungen
von Hans Thürer, herausgegeben von Rudolf Wachter, Monstein (pro Monstein) 2019, ISBN 978-3-9525142-0-7
Hier eine Geschichte zum «Schnuppern»: Das Museum
Damals in Monstein
von Paul Thürer, herausgegeben von Andrea Mittelholzer und Thomas Gadmer, Zürich (Limmat) 2005, 2019 nachgedruckt, ISBN 3-85791-492-0

Das Museum

(aus Hans Thürer, Monsteiner Geschichten, S. 35f.)

1927 machte ich aus dem Ställi ein Museum. Anni beteiligte sich daran, worüber ich froh war, weil ich die verstaubten Gegenstände nicht gern geputzt hätte. Unter Vaters Anleitung wurden die Stücke beschriftet. Dann klebte ich an die Aussenwand des Ställis ein Plakat: «Museum, Eintritt frei». Standen Besucher drinnen, so zog ich die Türe etwas zu, worauf ein Plakat mit der Aufschrift «Austritt 5 Rappen» sichtbar wurde. Belustigt zahlten die meisten Leute einen Zehner, womit ich heimlich gerechnet hatte. Eines Tages erschien ein kleiner, dickhalsiger Herr, welcher, nachdem er sich das Ausstellungsgut genauestens hatte erklären lassen, gleich 50 Rappen bezahlte. Das musste ein Krösus sein; er ward wortreich verabschiedet. Wie staunte ich, als er anderntags wiederum daherkam, ein Mädchen an der Hand führend. Abermals verlangte und erhielt er eine Führung durchs Museum, und das Töchterchen, es mochte in meinem Alter sein, hörte aufmerksam zu und nickte mit dem blonden Lockenköpfchen. Dann – o Wunder: Der Herr entnahm seiner Börse zwei Fünfziger, ohne die Austrittsmahnung überhaupt beachtet zu haben. Sprachlos liess er mich zurück. Ich ahnte natürlich nicht, dass dieses Chruseligeschöpf, das eifrig plaudernd mit dem Vater dem Gasthaus zustrebte, dreissig Jahre später meine Frau sein würde und der kleine, wohlgesinnte Gönner mein Schwiegervater.

Als mein Vater den flotten Geschäftsgang des Museums bemerkte, erklärte er feierlich, der Reinertrag gehöre der Mission. Von Stund an schloss ich Monsteins bedeutendste Ferienbildungsstätte. Das Unternehmen hatte innert einer Woche Fr. 9.40 eingebracht. Anni übergab ihre Hälfte sogleich dem väterlichen Missionsagenten; ich trug meine Fr. 4.70 zur Frau Calonder auf die Post und kaufte für den ganzen Betrag Steigraketen, denn in einigen Tagen feierte man den 1. August. Vater hielt neben dem Höhenfeuer hinter der neuen Kirche die Rede. Alle Augenblicke zischte hinter ihm eine Rakete in den dunkelblauen Himmel hinauf. Insgesamt 47 Prachtexemplare, teils mit Stern, teils mit Knall.

Nachtrag: Anni wurde Pfarrfrau, ihr Beitrag an die Mission ist aus dem Gedächtnis der Menschheit verschwunden; von meinen «Museumsraketen» aber ist in Monstein immer noch die Rede, wenn die Alten den Jungen «von früher» erzählen.